Juni 2023
 
 
                  von Franz Eisele 203
  Burger:  Erinnerung an Familie Rennar
   Nach dem zweiten Weltkrieg ist das kulturelle Leben in Saderlach zum erliegen gekommen. Es gab fast keine 
  Veranstaltungen mehr, ab und zu wurde ein kleiner Ball im „Kulturheim“ abgehalten, unter der Obhut der Freiwilligen 
  Feuerwehr. Das Deutsch-Sein war ab 1945 zunächst in Rumänien verboten, war gleich mit Faschist sein. Wir Kinder 
  wussten zwar nicht was das bedeutete, das war eben unser Schicksal. Als die Wirtschaft mehr und mehr stagnierte, 
  erinnerte sich das arbeitsscheue Staatsvolk an die fleißigen Deutschen und es begann die allmähliche Tauwetter-Politik der 
  Kommunisten. Plötzlich gab es wieder deutsche Kindergärten und allmählich auch deutsche Schulklassen. Dafür kam 
  auch das Ehepaar Rennar als frischgebackene Junglehrer nach Saderlach. Gertrud Rennar zunächst als Kindergärtnerin, 
  Peter (Pedi) durch Heirat 1960 als ernannter „Kulturheim Direktor“.
   Als Leiter des sogenannten Kulturheims, -das ehemalige Große Wirtshaus in Saderlach, in dem bis 1945 alle Dorffeste 
  gefeiert wurden, begann wieder das kulturelle Leben im Dorf. Der Saderlacher Alltag veränderte sich zusehends, die 
  Dorfgemeinschaft öffnete wieder die Augen. Wie aus einem Tiefschlaf erwacht, brach es in den sechziger Jahren aus ihnen 
  heraus. Saderlach hatte wieder ein kulturelles Leben. Was mit Schulfeiern, kleinen Theaterszenen und abendlichen 
  Vorträgen zunächst zaghaft begann, endete 1967 mit dem ersten großen Kirchweihfest nach dem Weltkrieg. Die längst 
  eingemotteten Trachtenkleider wurden erstmals wieder öffentlich getragen, die stolzen Kirchweihpaare standen beim 
  Gottesdienst mitten in der Kirche und der Festzug zog mitten durch das „rumänisch“ bevölkerte ehemalige deutsche Dorf 
  Saderlach zum Kulturheim. 
              
  
 
  Die Kirchweih im Laufe der Jahre
 
 
  Festumzug durch die Strassen des Dorfes
 
 
   
 
 
  1961:  Jahrgang 1950-1951 beim ersten Trachtenfest
 
 
         Aus dem roten Buch “Saderlach 1737 - 1987“ von Johann Burger, Seite 303
   In mehreren deutschen Gemeinden des Banats und Siebenbürgens wurden seit einigen Jahren bereits wieder 
  Kirchweihfeste abgehalten. „Chilbi“ - warum nicht auch bei uns im Dorf? Großmütter, Mütter und Väter hielten Rat 
  (natürlich auch die Großväter), es gab unzählige Diskussionen, und man war sich schon längst einig, das Fest soll 
  starten. 
   Doch da gab`s ein Problem: Nach welchen Kriterien sollten die Paare aufmarschieren? Alle Beteiligten hätten darauf 
  eine Antwort gewusst, doch wer sollte es schon wagen, so ganz geheime Gedanken nun öffentlich zu äußern? Und war 
  gerade die gleiche Frage nicht ein wunder Punkt schon bei den Alten? Mit unserer Idee von Chilbi war das nicht zu 
  vereinbaren. Nicht Streit, nicht Zwistigkeit, sondern Zusammengehörigkeit und Verständnis wollten wir an den Tag 
  legen. Und so wurde die erste Chilbi nach Kriegsende mit viel Begeisterung vorbereitet. Die jungen Paare sind nach 
  dem Zufall „Größe“ aufgestellt worden, und natürlich hätte der Eine oder Andere viel dafür gegeben, wenigstens für 
  diesen Augenblick doch etwas größer oder etwas kleiner zu sein. Doch Tränen gab es keine, und jeder hat sein 
  Schicksal mit Würde getragen. Auf den Bildern kann man die Akteure von damals auch heute noch erkennen. 
   Viele Menschen haben sich um dieses Fest bemüht, mit Rat und Tat der Jugend beigestanden und es wäre allen 
  anderen Unrecht getan, wenn man auch nur einen Namen nennen wollte. Alle Jugendlichen leisteten harte Arbeit und 
  opferten für alle diese Tätigkeiten viel Freizeit.  Entschädigungen für diese Arbeit gab es keine! Nur die Eigeninitiative 
  konnte zu weiteren Taten beflügeln und es wurde eine Gemeinschaftskasse gegründet. Mit Zuschüssen, dem besagten 
  Kassengeld und einem Selbstkostenbeitrag, ging es dann mit dem Bus für drei Tage ins Olttal und im Sommer 1968 für 
  eine Woche nach Moneasa.
  Für viele, wenn nicht für alle, waren das die ersten Urlaubstage, Erholungstage oder wie immer man sie nennen 
  möchte.
                                                         Der „Chilbibaum“ wird aus dem Wald an der Alten Marosch abgeholt
                     
        Aus dem grünen Buch „Saderlach“ von 1937, von Dr. Johannes Künzig, Seite 190-191
  Es isch nur einmal Chilbi!
  Das lebenslustigste aller Banater Feste ist und bleibt die Kirchweih, in Saderlach  „Chilbi“ genannt. Dieses Dorffest 
  wird in Saderlach am Sonntag nach Johannistag (24. Juni) gefeiert. Bekanntlich hat Kaiser Joseph II., seinerzeit die 
  drei Tage dauernde Kirchweih verboten und angeordnet, dass dies Fest nach Beendigung der Herbstarbeiten nur einen 
  Tag in Anspruch nehmen dürfte. Darum liegen die meisten Kirchweihen in Banat heute im Oktober und November; 
  freilich die Einschränkung auf einen Tag hat man bald überall wieder aufgehoben. Saderlach umging die kaiserliche 
  Verordnung überhaupt und feierte nach wie vor seine Kirchweih in Verbindung mit dem Johannistag, dem Titelfest 
  seiner Kirche. 
  Nun die Zurüstungen zu dem Fest: Jeder Bursche erhält von seinem Mädel den Hut schön mit Blumen und farbigen 
  Bändern, dem „Chilbistruß“ aufgeputzt, aber zuvor muss er mit dem betreffenden Mädchen beim Sonntagstanz 
  ausgemacht haben, dass es ihm den Hut herrichtet. Dann geht der Bursche mitsamt seinen Kammeraden abends zum 
  Hause des Mädels und klopft an das Fenster, und nun wird der Vater um die Erlaubnis gefragt, ob seine Tochter dem 
  oder jenem den „Chilbistruß“ machen dürfte. Ist dann der Vorabend der Kirchweih gekommen, schickt das Mädchen 
  den geputzten Hut dem Auserwählten durch einen kleinen Buben zu. Stolz setzt sich der Kleine den Hut auf und erhält  
  natürlich von dem Burschen eine Belohnung. Am Festtag selbst gehen die schmucken Kirchweihpaare im 
  geschlossenen Zug mit Musik in die Kirche. Nach dem Hochamt aber ziehen die Burschen durchs Dorf, eine 
  Weinflasche schwingend, und besuchen nun Haus um Haus, um einen Trunk anzubieten, dann aber Lose zu verkaufen 
  zur Bestreitung der Unkosten. Was mit den Losen gewonnen werden kann, werden wir noch hören.
  Mittags ist der Bursche im Haus seines Mädchens zum Essen eingeladen. Die Mädchen versammeln sich im Haus der 
  Vortänzerin und werden dort von den Burschen mit Musik abgeholt. Gemeinsam zieht man nun zum Wirtshaus, und 
  alsbald tanzt man um ein dort aufgestelltes großes Fass. Die Würde des Vortänzers erhält der Bursche, der am meisten 
  in die Kameradschaftskasse  gezahlt hat. Von dem Fass aus wird jetzt die Verlosung eines besonders schön 
  geschmückten Kirchweihhutes und eines seidenen Halstuch vorgenommen. Dann aber drehen sich die Paare bei 
  Walzer, Polka und Dreher in Unermüdlichkeit, und wahrlich schmuck sehen die Tänzerinnen aus mit ihren leuchtend 
  weißen, durch die gestärkten Unterröcke festlich aufgebauschten Röcken. Und dies frohe Treiben dauert nun drei volle 
  Tage, bis die Kirchweih begraben wird: unter den Klängen eines Trauermarsches wird eine Flasche Wein in den Boden 
  versenkt, die man erst im nächsten Jahr zur Kirchweih wieder hervorholt.
  Leider hat dies fröhliche Fest, bei dem die jungen Kirchweihpaare alle Freiheiten hatten, manche Entartung erfahren, 
  und so ist dieses echt bäuerliche Fest seit einigen Jahren nicht mehr in der alten Weise gefeiert worden. 
                              
                               Festumzug durchs Dorf
      Aus dem Buch „Chemmet ine“ von 1937, von Prof  Emil Maenner, Seite 99
  Aber mit dem Kirchweihfest, der „Chilbi”, die leider seit einigen Jahren wegen der hohen Kosten nicht mehr gehalten 
  worden ist, kann sich doch kein anderes messen! Darüber sind sich alle Saberlacher einig! Darum ist der erste Sonntag 
  nach dem Feste des Schutzpatrons, des Heiligen, Johannes des Täufers, für das ganze Dorf ein Festtag erster Ordnung. 
  Prächtig schmückt das Mädchen den Hut des Geliebten mit einem Strauß - dem „Chilbistruß" - und damit der Bursch 
  ihr noch besser gefalle, heftet sie ihm ein paar ellenlange Bänder in roter und blauer Farbe dazu, die über den Rücken 
  herunterhängen. Mit Musik begeben sich die Burschen zum Hochamt, - mit Musik ziehen sie am frühen Nachmittag  
  durch das Dorf. Sie führen eine Flasche Wein mit sich, um deren Hals an einer Schnur  mit Nummern versehene 
  Zettelchen aufgereiht sind, die eine Art Lotterie  darstellen. Überall kehren sie ein, laden die Leute zum Kirchweitanz, 
  bieten ihnen den Festtagstrunk an und lassen sich dafür, so wie der einzelne es leisten kann, ein Stück Geld geben, 
  damit sie die Kosten der „Chilbi” bestreiten können. Was ist zu gewinnen? Ein Männerhut und „e Sidehalstuech”. 
  „Kirchweih vivat” schallt es nach alter Banater Sitte durch die Gassen, in ausgelassener Stimmung halten die Burschen 
  ihren Einzug in das Gemeindegasthaus, und dort tanzen sie mit den Mädchen, die die im Hause der Vortänzerin 
  abgeholt und zum „große Wirt” geleitet haben, um ein großes Fass herum den „Chilbitanz”. Einer der übermütigsten 
  hat sich mittlerweile auf die Tonne geschwungen - in seinem Hut hält er die Lotterienummern bereit und verliest sie 
  mit lauter Stimme. Horch - ein Schuss fällt aus einem benachbarten Hof!  Du, Freund, bei dessen Nummernaufruf  der 
  Knall ertönte, bist der glückliche Gewinner. Du darfst aber nicht allzu Stolz sein auf deinen Sieg - man hat mir nämlich 
  verraten, dass ihr Burschen euch öfters schon vorher darauf einigt, wem der Preis gehören soll! 
  Doch wir gönnen euch den kleinen Scherz - denn wir wissen, dass nun für euch saure Wochen kommen.
                                                                           Bilder aus dem Fotoarchiv der HOG Saderlach
  Leider sind nicht alle Bilder von guter Qualität
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
  
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
  In Saderlach gibt es keine „Chilbi“ mehr……
  In Zădăreni gibt es ein rumänisches Dorffest, Ende Juni, wie einst die „Chilbi“….
  https://www.youtube.com/watch?v=nlB8o2VqQEo
  
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
  Vielen Dank für die Bilder an:
  Anton Huth
  Mathias Gängler
  Richard Welti
  Mathias Eisele 307
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
 
   
 
  
 
  Kirchweih
 
 
  Rückblick: so war die „Chilbi“ in Saderlach