25 Jahre Denkmal
Rückblick Feier
Saderlach-Denkmal in Görwihl
4. Juni 1995
Denkmalenthüllung Görwihl/Landkr. Waldshut
04. Juni 1995, Pfingstsonntag
Festrede Burger, Vorsitzender HOG Saderlach
Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Wütz,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Harald Scheuble, meine Damen und Herren, verehrter Freund und Ehrenvorsitzender der HOG
Saderlach, Josef Eisele, liebe Görwihler, liebe Schwarzwälder und Freunde.
Liebe Saderlacher!
Wir, die 'Einst'- oder besser gesagt - 'Alt'-Saderlacher vollziehen heute die höchste Ehrung unserer Vorfahren, unserer Mütter und
Väter, unserer Großmütter und Großväter deren Namen ansonsten für immer in Vergessenheit gesunken wäre. Viele hatten von
diesem Tag geträumt, vielen hätte man es von Herzen gegönnt, heute mit uns dabei sein zu können, doch das Schicksal hat es
nicht gewollt. War es doch für uns Saderlacher lediglich eine Frage der Zeit. Denn /daß ein Saderlach-Denkmal dereinst errichtet
wird, dessen waren wir uns stets gewiss.
Eine glückliche Fügung hat uns - nach dem vergeblichen ersten Anlauf in Schluchsee - nach Görwihl geführt. Zaghaft war unser
erstes Erscheinen, doch muß es bei unseren Gastgebern echtes Staunen hervorgerufen haben. Ja, hier in Görwihl verspürte man
unsere schlummernde Sehnsucht. Hier schlugen uns Herzen entgegen, in denen wir unsere - längst verschollen und vergessen
geglaubten Geschwistern - wiederzuerkennen glaubten.
Ja, liebe Görwihler, bei Euch fühlten und fühlen wir uns wohl. Und dies besonders deshalb, weil Ihr Verständnis für uns hattet.
Verständnis für uns, die wir mit 'gerechtem Stolz' unsere alemannische Sprache pflegten. Gerechter Stolz sage ich, denn es gehört
wohl eine gesunde Portion Sturheit dazu, über 250 Jahre, umgeben von anderen Sprachen und Mundarten, sein Ich unbeschädigt
zu bewahren. Aber unter diesem Dach unserer alemannischen Sprache, dem 'Saderlacherischen' wie wir sagten, waren wir gut
gefahren. Allem Fremden abhold, haben wir unsere Eigenart bis heute bewahrt, wir haben sie auch niemals verleugnet, auch dann
nicht, wenn der Zeitgeist es von uns erwartete. Und so stehen wir, nach vier Jahren wieder in Görwihl vor Euch. Den Weg den wir
gegangen, war ein weiter Weg! Ein Weg der nicht selten schmerzhafte Risse durch Familien zog, jahrelange leidvolle Trennungen
der Kinder von den Eltern, Trennung von Geschwistern bedeutete, nicht selten ein Abschied für immer. Ein 'Heim-Weg' dessen
Verlauf eine seltsame Ähnlichkeit mit dem Weg unserer Ahnen hatte. Auch die Ortsgründung Saderlachs im fernen Banat hat sich
über Jahrzehnte erstreckt. Gar mancher kehrte nach Jahren in den Schwarzwald zurück, um sich eine Braut zu holen, um Bruder
und Schwester zur Reise ins ferne Banat zu überreden. Bei all dem Elend das die Umsiedlung mit sich brachte, war die Aussicht
auf ein freieres, gerechteres Leben, der Fron der St.Blasier vorzuziehen. Auch unsere Rückwanderung erstreckte sich über fünf
Jahrzehnte.
Da waren sodann die 224 Rußlandverschleppten (von 1945-49), Mädchen und Frauen zwischen 18 und 30, sowie Männer
zwischen 17 und 45 Jahren, z.T. soeben aus dem Krieg heimgekehrte Soldaten, wurden im Januar 45 in die Sowjetunion
verschleppt.Ihre stille Sehnsucht nach dem heimatlichen Saderlach hat sie in den russischen Kohlebergwerken des Donezbeckens
jahrelang ernährt, und dennoch wurden sie als unerwünschte Personen anschließend nach Deutschland abgeschoben. Und dann,
was war das für eine Heimat, die man nach monatelangem Herumirren und illegalen Grenzübertritten vorfand? Die Häuser von
rumänischen Neukolonisten besetzt, eine rechtlose Lage, eine ungewisse Zukunft. Konnte dieses dahinsiechende Gemeinwesen
jemals wieder zu Kräften kommen? Sollte man nicht gleich einen neuen Aufbruch wagen? Man versuchte es noch ein letztes Mal.
Und da waren auch noch wir - der verbliebene Rest Saderlachs- ' die Großeltern und die Enkelkinder. Die Alten, aus Erfahrung
klug, hatten sich unter der neuen Fron geduckt, man war eben wieder mal rechtlos, wie so oft im Verlauf der Geschichte. Wir aber,
die Kinder, wir kramten ahnungslos in den alten verbotenen Truhen und Schränken, und fanden zuunterst, - zum großen Entsetzen
unserer Großeltern - das Saderlach Buch von Künzig. Es war für alle Saderlacher Kinder, neben Großmutters Gebetbuch, das
erste Buch das man in die Hände nahm. Und da waren sie, die Bilder vom Schwarzwald, von weiten Hängen und Fluren die
unsere kindlichen Träume begleiteten. Und da waren auch die zögerlichen Erzählungen der Großeltern, die von der 200-Jahrfeier
berichteten, von den vielen Gästen die damals im ganzen Dorf waren, Gäste aus der Heimat, aus dem Schwarzwald. Ja, dies war
unsere erste Begegnung mit dem Hotzenwald.
Ist es da verwunderlich, daß ein allmählicher Fortgang einsetzte! Niemand und Nichts auf der Welt, konnte uns noch aus der
inneren Emigration in der wir uns befanden wieder herausholen. Wir lebten zwar in einem fernen Land, in unseren Träumen
waren wir aber schon längst fort. Sicherlich hatten diese Träume auch utopische Züge, die Wirklichkeit konnte diese nicht
befriedigen. Doch keiner hat je den Schritt bereut, auch wenn im Herzen dann und wann eine stille Wehmut aufkommt. 1737
zogen unsere Vorväter mit den Ulmer Schachteln ins ferne Banat, nachdem Sie die "manu missio" bezahlt und sich freigekauft
hatten. Wir kehrten nach 250 Jahren zurück. Nach Freikaufaktionen, nach jahrelangen Drangsalierungen und nach unsäglichen
Schikanen. Und wieder war es eine Holzkiste die uns bestenfalls begleitete, die berühmte 70 Kg Auswanderungskiste mit
persönlicher Habe. Hat uns in all den Jahren des Neuanfangs jedoch am meisten enttäuscht hat, war die Tatsache, daß man uns
vergessen hatte. Wir, die wir doch so stolz auf unser alemannisches Erbe waren, wir waren in der Ur-Heimat unbekannt, längst
vergessen; Und das war die eigentliche Enttäuschung mit der unser zweites Leben begann.
Vielleicht verstehen Sie jetzt, welch innere Notwendigkeit es für uns war, dieses Denkmal zu errichten. Wir mußten es tun, denn
wir sind die letzten Zeitzeugen Saderlachs. Das 'Wo' unseres Denkmals, das haben Sie lieber Bürgermeister Scheuble, das haben
die Görwihler entschieden, und Sie, verehrter Herr Landrat Wütz. Deshalb gebührt Ihnen unser erster Dank. Möge die Geschichte
mir recht geben, wenn ich jetzt sage, Sie werden noch lange stolz sein können auf Ihr Saderlach-Denkmal.
Lassen Sie mich jetzt, als Künstler und Entwerfer unseres Denkmals einige Worte zur Gestaltfindung sagen. In der Kunst sind
Allegorien bekannte Ausdrucksmittel. Und wenn wir, die Saderlacher, jemals eine Tugend hatten, dann war es die Tugend der
Beständigkeit. Ihr Symbol in der Kunst war stets der Kubus, der Würfel. Auf der Suche nach einer zeitgemäßen, bildhaften
Sprache blieb ich an der Idee des Würfels, als Zeichen für Bleibendes und Dauerhaftes hängen, bedingt auch durch meine
Vorliebe für Abstraktes. So besteht das Denkmal aus drei mächtigen Quadern, jeder für sich spiegelbildlich für die Entwicklung
Saderlachs im jeweiligen Jahrhundert.
Zu unterst der Gründungswürfel; Er ist Träger der Sippennamen der Ortsgründer Saderlachs. Es sind Namen die weiterleben
aber auch Namen die längst erloschen sind, heute nur noch in Archiven auftauchen. Einige Sippen sind auch in andere Banater
Dörfer wie z.B. Gutenbrunn, Sackelhausen usw. umgezogen. Jedenfalls wäre es geschichtlich nicht zu verantworten gewesen,
wenn Namen wie: Amann, Ebner, Hausenstein, Peringer, Strittmatt, Steinebrunner oder Stiegler, Spießländer oder Merkhoffer
nicht auch auf diesem Stein erschienen wären. Auch dies mußten die Saderlacher Spender erst auf ihr Gewissen nehmen! Welchen
Zwängen wir dabei unterworfen waren, kann man sich wohl gut vorstellen. Technische und auch finanzielle Machbarkeitskriterien
forderten gewisse Einschränkungen. Nur das engere Organisationskommitee kann Ihnen davon berichten. (Dies vorweg, für alle
zukünftigen Kritiker ).
Der Mittelblock - steht für das Jahrhundert der Reife und Erfüllung der Lebensgemeinschaft Saderlachs. Es sind die Jahre 1837-
1937, Jahre einer friedlich wachsenden Dorfgemeinschaft, Jahre des Glücks und der wirtschaftlichen Blüte. Mit 2ooo Seelen
erreichte Saderlach den Höhepunkt seiner Entwicklung im späten 19. Jahrhundert. Die Kirche war stets der Mittelpunkt unseres
Lebens. Sie wurde von der Gemeinde 1871 errichtet und ist seither das Wahrzeichen unserer Heimat gewesen. Aus Erz gegossen,
soll sie die Steinsäule optisch bestimmen; mit dem Namen Saderlach und dem Jahr der Ortsgründung 1737. Selbst wenn die
Namen auf der Steinsäule mit uns verlöschen werden, so wird das Bild unserer neugotischen Kirche die Jahre überdauern.
Der Abschlußwürfel, im oberen Drittel gebrochen, steht für das Jahrhundert der Errichter. Er ist Sinnbild für unsere gebrochene
Existenz. Der willkürliche Bruch an der Oberkante verhindert die Entwicklung der Plastik zur Säule, er soll das unnatürliche Ende
Saderlachs symbolisieren. Auf seiner Stirn die Innschrift:
Dieses Denkmal wurde zur Erinnerung an das Werden und Vergehen des einzigen Alemannendorfes im Banat / auch zum
Gedenken an unsere Toten und Gefallenen / sowie für unsere Vermissten / von der Heimatortsgemeinschaft Saderlach im
Jahre 1995 errichtet.
Die Erinnerung wurde in der Kunst stets als Muse dargestellt. Als eine junge, schöne Frau mit gelocktem Haar und gewinnendem
Lächeln. Dies zu Recht, sind doch Erinnerungen meist schön, oder zumindest angenehm. Dem Menschen ist es gegeben, nur das
Gute in die Zukunft hinüberzuretten. Erinnerungen wachsen aus Erlebnissen, sind unverwechselbar und individuell. So werden
auch nicht alle Erlebnisse Geschichte, denn Geschichte sind nur aufgeschriebene Erlebnisse.
Seien es gute oder schlechte, das Recht auf persönliche Erlebnisse hinzuweisen, kann einem nicht genommen werden. Und so
haben auch wir einen Anspruch darauf, auf unsere - in diesem Falle auch die des Schwarzwaldes - Geschichte hinzuweisen. Auch
wenn der Zeitpunkt ungewollt auf das Gedenkjahr 1995-fällt. Wir sind eben Zeitzeugen einer Tragödie, die ihren Ursprung in
totalitären Systemen fand und somit auch zur Geschichte unseres Jahrhunderts gehört.
Nun steht unser Denkmal, mitten im Hotzenwald, im Herzen des Schwarzwaldes so wie wir es uns stets erträumt hatten. Nicht
zuletzt auch als Grenzstein gedacht, als Grenzstein aller Alemannen, auch unseren Landsleuten aus dem Schweizer Kaisten und
Ittenthal greifbar nahe. Grenzen wurden und werden noch heute verschoben, dort wo sie eigentlich fallen sollten. / Es war schon
ein sonderbares Gefühl, als kaiserlich österr. Freibauer schlafen zu gehe n, um als ungarischer Husar wach zu werden, wenn man
nicht gerade mal unter serbische oder rumänische Verwaltung geriet. Sind doch Grenzsteine nicht nur Zeichen des Besitzes,
sondern auch Zeichen der Ab- oder Zuwendung. Grenzen kann man überschreiten, verweigern ja sogar fordern. So ist unser
Denkmal eigentlich eher ein Mahnmal, ein mahnendes Zeichen der Bewunderung für den bei spielhaften Pioniergeist unserer
Mütter und Väter. Das Saderlach Denkmal möge, so hoffe ich, dazu beitragen, daß Menschen sich näher kommen, daß
geschichtliche Zusammenhänge besser verstanden werden. Es stehe für alle unsere Ahnen die einst auszogen aus der Enge ihrer
Heimat, um mit ewigem Heimweh im Herzen, in der Fremde ein besseres und gerechteres Leben zu finden. Möge es der
Schwarzwälder Jugend, dem einsamen Wanderer, den zufällig Vorbeikommenden, einen Augenblick des Staunens entlocken, oder
in ihnen ein Gefühl des gemeinsamen Stolzes hervorrufen. Nicht zuletzt soll es alle auf die Geschichte neugierig machen. Dann
hat es seine Berechtigung. Möge von unserem Denkmal eine tiefe Wirkung ausgehen, möge es den kommenden Generationen den
Weg in die eigene Zukunft erleichtern!
Daß dies möglich wurde, verdanken wir Euch liebe Landsleute. Ohne Eure großzügige Spendenfreudigkeit wäre es wohl bei
einer kleinen Gedenktafel geblieben. Ehre gebührt jedoch vor allem dem Meister, unserem Steinmetzen Herrn Jürgen Peduzzi aus
Rickenbach....(Peduzzi tritt vor) und seinen waltenden Händen.
Ehre gebührt unserem nimmermüden Streiter, dem spiritus rector unseres Heimattages Ing. Jakob Ferch... allen Mitglieder des
Organisationskomitees, vornehmlich meinem Stellvertreter Herbert Mühlbach /Augsburg/, Fam. Eisele die Kassenwarte unserer
HOG, dem Stützpunkt Tuttlingen (Weiszenberg u.Winterhalter), den Tänzern und Sängern aus Augsburg unter der Leitung von
Herbert Mühlbach und Liesel Schäfer.
Und weil ich die Erinnerung zuvor als eine schöne jugendliche Muse angepriesen habe, wünsche ich allen schöne Erinnerungen
an dieses unser so bedeutsame Heimattreffen. Mögen diese Erinnerungen uns noch lange begleiten und uns auch in Zukunft an
verbinden. Nun bitte ich Sie, lieber Herr Pfarrer Frei, unseren Gedenkstein zu weihen und um den göttlichen Segen zu beten.
/Einweihungszeremonie/....(Großer Gott wir loben Dich)
Lieber Herr Scheuble, ich übergebe Ihnen unser Denkmal zu treuen Händen, der Gemeinde Görwihl zu treuen Händen !
Text Rede Burger / Denkmalenthüllung zu Görwihl ,Pfingsten 1995 /
Das ALEMANNENDENKMAL zu Görwihl / Einweihung und Enthüllung
Pfingsten, 4 Juni 1995, 9:00 Uhr
7. Heimattreffen der HOG
S a d e r l a c h
Denkmale sind Träger von Bedeutungen, sie transportieren stets ein Unsichtbares in ein Sichtbares und materialisieren durch ihre
Existenz gedankliche Bindungen des Menschen in symbolischer Form. Das Unaussprechliche wird so vermittelbar. Die Symbolik des
Saderlacher Mahnmals ist der knappe Hinweis auf gemeinsame Wurzeln, auf das einzigartige Sprachphänomen des Bewahrens der
alemannischen Muttersprache im geographisch völlig isolierten Raum, über mehrere Generationen hinweg. Auch als geschichtlicher
Hinweis für die kommenden Generationen des Schwarzwaldes gedacht, mahnend an das Gefühl der Zusammengehörigkeit über
wechselnde Grenzen, steht es auch als Zeugnis für betrogene Hoffnungen und missbrauchte Sehnsüchte unserer Ahnen nach einer
besseren und friedlicheren Welt.
Eine schlichte, 2,75m hohe Stele aus Schwarzwälder Granit, aus drei aufeinander gefügten Quadern von cca. 1m. Die Würfel stehen
symbolisch für die drei Jahrhunderte Saderlachs: Gründung, Reife und Entfaltung und für das Ende. Der Gründungswürfel trägt als
Sockel in fließender Rundumschrift die Namen der Gründer, die im 18.Jh. aus dem südlichen Schwarzwald auszogen, um im soeben von
den Türken befreiten kaiserlichen Banat, ein neues Leben zu beginnen. Es sind Namen der Sippen die das Saderlacher Leben geprägt
haben und bis heute fortleben, wennschon einige durch die Ereignisse des Weltkrieges ausgelöscht wurden.
Es sind unsere Namen, Namen wie man sie auch in Bonndorf, Häusern, Blumberg, Dettinghofen, Grafenhausen, Lottstetten,
Herrischried Rickenbach oder Schluchsee findet oder auch in Kaisten oder Ittenthal. Der Mittelblock steht für das blühende Saderlach,
auf seiner Stirnseite ein Bronzerelief mit dem Bild unserer unverwechselbaren neugotischen Kirche als Wahrzeichen der Heimat.
Daneben den Schriftzug S A D E R L A C H 1 7 3 7 das Gründungsjahr. Der oben schräg abgebrochene Abschlußquader steht für das
gewaltsame Ende unserer Gemeinschaft. Er trägt den Text:
DIESES DENKMAL WURDE ZUR ERINNERUNG AN DAS WERDEN UND VERGEHEN DES EINZIGEN
ALEHANNENDORFES IM BANAT / AUCH ZUM GEDENKEN AN UNSERE TOTEN UND GEFALLENEN / SOWIE FÜR
UNSERE VERMISSTEN / VON DER HEIHATORTSGEMEINSCHEFT SADERLACH IM JAHRE 1995 ERRICHTET /
Wer und was ist die Heimatortsgemeinschaft (HOG) Saderlach ?
Es sind die in den letzten 5o Jahren in die deutsche Urheimat zurückgekehrten einstigen Saderlacher. Das kleine, ursprünglich aus
dreißig Familien bestehende Dorf an der Marosch (im Kreise Arad, heute Rumänien) wuchs beständig durch Neuzugänge aus der alten
Heimat. Das durch die alemannische Mundart verstärkte Inseldasein forderte den Selbstbehauptungstrieb zusätzlich, nur gemeinsam war
man stark. Die Amtssprache war Deutsch, an der Spitze des Dorfes standen frei gewählte Richter und Geschworene. Ab 1740 gab es
geregelten deutschen Schulunterricht, was bis 1947 so blieb. Um 1850 hatte Saderlach über 2.ooo deutsche Einwohner. Die Obrigkeiten
wechselten, doch man war ein freier Bauer. Als in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts die hohe Kinderzahl (12 bis 14) den
Lebensraum einzuengen begann, setzten erneut Auswanderungsbewegungen - hauptsächlich nach Amerika - ein. Einige Familien zogen
in die Nähe von Temeschburg und gründeten den Ort Kowatschi (Eisele, Schelb, Müller, Neff,Eckert,Späth u.a).
Die Verbindungen zur schwarzwälder Urheimat waren zwischendurch abgerissen, doch 1855 entdeckte der Gutsverwalter Arnold Lauer
die immer noch alemannisch redenden Saderlacher. Und schon 1930 kamen Saderlacher zum 'Badischen Welttreffen' nach Karlsruhe. An
der 200 Jahrfeier Saderlachs 1937 nahmen über 2oo Schwarzwälder - aus dem Hotzenwald, aus Waldshut, Laufenburg u. Karlsruhe teil,
angeführt vom Hotzenvater Huber aus Hornberg der beim Festumzug die alte Hauensteiner Fahne aus dem Jahre 1556 schwang.
Saderlach war in voller Blüte, es schien als hätte es das Schicksal gut gemeint mit den Nachfahren der einstigen Siedler. Doch es sollten
nur noch wenige glückliche Jahre werden. Die Ereignisse um den Zweiten Weltkrieg brachten ein jähes Ende.
Die Opfer an Menschenleben waren so gewaltig, die Einschnitte in die Lebensumstände so erschütternd, daß nur noch die Heimkehr in
die Urheimat als Ausweg blieb. Von den 288 eingezogenen Männern fielen 26 als rumänsche und 39 als deutsche Soldaten. Die 1945
folgende Russlandverschleppung- aus Saderlach waren es 223 Personen (Mädchen und Frauen im Alter von 18-30 und Männer von 17-
45) - die man in die Lager des Donezbeckens und in die Bergwerke am Ural verschleppte, setzte den Schlußpunkt. 18 Frauen und 26
Männer wurden Opfer der unmenschlichen Behandlung, sind z.T. verhungert oder erfroren. Die Überlebenden kehrten erst 1949 oder
später heim. Saderlach, ein Dorf mit Waisen und Alten wurde mit rumänischen Neusiedlern zwangskolonisiert, man war rechtlos und
besitzlos, die bisherigen Selbstverwaltungsstrukturen zerschlagen. Die Jungen waren z.T schon in die Fremde verschlagen, verschollen.
Man versuchte nochmals einen zaghaften Neubeginn, doch die Zeichen der Zeit waren unverkennbar. Die Rückwanderung war
unaufhaltsam. Waren es 1950 lediglich 38 Saderlacher die in der Bundesrepublik lebten, so kamen bis 1987 weitere 500 hinzu. Der
Zusammenbruch der kommunistischen Diktaturen öffnete den Letzten die Tore, heute leben noch 17 Deutsche, alte allein stehende
Personen denen die Heimat fremd geworden ist, abgestellt, von der Geschichte vergessen. Sie leben im inneren Exil von Erinnerungen.
Die HOG Saderlach gründete sich am 23.April 1983 beim ersten Bundestreffen in Heidelberg als Untergliederung der Landsmannschaft
der Banater Schwaben e.V. Beim zweiten Bundestreffen, 1985 in Augsburg, waren 400 Personen anwesend und man beschloß die
Kontaktaufnahme zum Schwarzwald. Die am 30 Mai 1987 in Schluchsee abgehaltene 250-Jahrfeier war ein frohes Wiedersehn, doch
erreichten wir keine feste Bindung zur Bevölkerung. Dies war erstmals bei unserem 5. Bundestreffen in Görwihl (1.06.91) der Fall. Die
überaus herzliche Aufnahme seitens der Bevölkerung, die persönliche Anteilnahme des Bürgermeisters Harald Scheuble sowie des
Landrats Dr.Bernhard Wütz haben uns bewogen unser Saderlacher Mahnmal in Görwihl aufzustellen. Dort, im Herzen des
Hotzenwaldes ist wohl auch der einzig richtige Standort.
Nunmehr ist es soweit: an Pfingsten 1995, zum 7.Bundestreffen der Saderlacher soll das Alemannendenkmal stehen!
Es ist dies wohl der letzte große Kraftakt unserer versprengten Gemeinschaft, Damit wollen wir in die Geschichte eingehen! So wie die
Buchstaben auf unserer Stele allmählich verlöschen, so werden wir allmählich auch im Meer des Vergessens versinken und mit uns die
Erinnerungen an Saderlach verblassen. So mag es nicht verwundern, dass die letzten Überlebenden - die knapp 500 Alt-Saderlacher
Familien - sich zu diesem Kraftakt entschlossen haben.
Wohl wissend, daß wir an die Grenzen der Belastbarkeit stoßen, gehen wir unseren Weg, denn das Ziel muß es uns wert sein. Doch wir
rechnen auch mit Euch, unseren Basen und Vettern aus der Urheimat. Das Saderlacher Mahnmal steht stellvertretend für alle Alemannen,
steht beispielhaft für alle Menschen die auszogen aus der Enge ihrer Heimat, um mit ewigem Heimweh im Herzen, in der Fremde ein
besseres und gerechteres Leben zu finden.
Als Alemannendenkmal auch Zeichen für jene unverwechselbar bedächtige jedoch äußerst zähe Art die uns immer noch verbindet.
Vielleicht lebt noch in mancher schwarzwälder Familie die Sage von den einst fortgezogenen Schwestern oder Brüdern, oder man hat
schon mal von den Saderlachern gehört. Wir Alt-Saderlacher bitten um eure Hilfe. Helft uns unser Vorhaben sinnvoll und würdig
durchzuführen! Gebt auch Ihr uns ein Zeichen des herzlichen Willkommens. Zur Errichtung des Denkmals hat die HOG Saderlach
folgendes Spendenkonto eingerichtet: Kto. Katharina Eisele/HOG Saderlach; Kt.Nr. xxx xx xx bei der Kreissparkasse Ludwigsburg,
BLZ xxx xxx xx _ Wir haben den größten Teil schon beisammen, wären aber für jede noch so kleine Spende sehr dankbar.
Möge unser Mahnmal, 50 Jahre nach dem Kriege, viele Jugendliche zum Umgang mit der eigenen Geschichte anregen. Denn Kenntnis
der Geschichte ist immer auch Erkennen seiner selbst. Nicht zuletzt deshalb wurde unser Denkmal ein schlichter Grenzstein, fern vom
Ort des Geschehens, am Ort des Ursprungs.
Johann Burger, Vorsitzender HOG
Weitere Informationen sind aus folgenden Veröffentlichungen der HOG Saderlach'zu entnehmen:
Künzig, Johannes, Saderlach 1737-1937, Unveränderter Nachdruck
der Ausgabe von 1937; 356 S. s/w Bildtafeln
Leineneinband, Preis 45 DM
Burger, Johann, Saderlach 1937-1987, Festschrift zur 250-Jahr
Feier, VMM 1987; 415 S.,8 Farbtafeln u.s/w.
Leineneinband, Preis 75 DM
Zu beziehen über J.Burger/ Ballaufstr.29 / 81735 München
Überweisungen auf Kto.HOG Saderlach,Joh.Burger/ Nr xxxxxxx
Stadtsparkasse München, BLZ xxx xxx xx
Die Festlichkeiten anläßlich der Denkmalsenthüllung finden zu Pfingsten 1995 statt. Samstag 3.Juni/Sonntag
4.Juni 09:00 Uhr
SCHRIFTBLOCK Mahnmal Görwihl HOG Saderlach 1995 / 4.06 /
DIESES DENKHAL WURDE ZUR ERINNERUNG AN DAS HERDEN UND VERGEHEN
DES EINZIGEN ALEMÄNNENDORFES IH BANAT / AUCH ZUM GEDENKEN AN -
UNSERE TOTEN / GEFALLENEN / UND VERHISSTEN VON DER
HEIMATORTSGEMEINSCHAFT SADERLACH IM JAHRE 1995 ERRICHTET
Text Mittelblock / rechte Seite zur Hotzenwaldhalle /
DIE ERINNERUNGEN AN SADERLACH SIND DURCH DIE ORTSMONOGRAPHIEN
VON PROF.JOHANNES KÜNZIG (1937) UND PROF;EMIL MAENNER 'CHEMET INE'
SOWIE DURCH DIE IN ALEMANNISCHER MUNDART VERFASSTEN 'SADERLACHER
DORFGESCHICHTEN' VON ANDREAS EISELE (ISELE) WACHGEHALTEN UND
DURCH DAS `SIPPENBUCH' VON PETER KLEEHANN UND DIE FESTSCHRIFT
ZUR 250-JAHRFEIER 1987 IN SCHLUCHSEE VON JOHANN BURGER DEN .
NACHKOMMENDEN GENERATIONEN ÜBERLIEFERT
Rundumtext für Sockelblock / Uransiedler/
ALS SIEDLER GRUNDETEN UNSERE VORFAHREN IM KAISERLICHEN BANAT 1737
DAS ALENANNENDORE SADERLACH / AUS DEM SCHWARZWALD : ALBERT /
ANGELE / BATZER / BAUMGARTNER / BRUCKER / BUCHTER / BURGER /
EBNER / ECKERT / EISELE / FERNBACHER / FREY / GANTNER /
HAUSENSTEIN / HETTICH / HILPERT / KAISER / KALTENBACH / KELLER /
KESSLER / KETTERER / LAGEMANN / LEIMBACHER / LÜTZELSCHWAB
MALZACHER / MATHIS / METZGER / MORATH / MORGEN / MÜLLER / PECHLE /
PINKHARDT / RIESS / SCHELB / SCHWAB / SIEBLER / SPÄTH /
STEINEBRUNNER / STIEGLER / STRITT / STRITTMATTER / TRITSCHLER /
WEHRLE / WEISSENBERGER / ZENG / ZIMMERMANN / ZIPFL U.A.
HAUSER / HOMLICHER / LELLA / NEGELE / KOBEL / PERINGER / ROCK /
WETZEL /
AUS DEM AARGAU / FRICKTAL: FOHR / MÜHLBACH / WITZIG / AUS DEM ITTENTHAL: LIDOLT / NEFF
/ NEEER / WELTI / AUS KAISTEN: MERKHOFEER / PICHLER / WEISS / WINTER / AUS LOTHRINGEN:
ALT / FRISCH / KLEIN / HELMI / AUS LUXEMBURG: HEMMEN / PECH / MARX / AUS DEM
BAMBERGISCHEN: LINDNER / AUS ÖSTERREICH: MUTHER / STRASSER / WOPFNER / AUS DEM
ODENWALD: FERTIG / HEINRICH / MEIXNER / URICH /MERGL / SPIESSLÄNDER /
SPÄTER ZUGEZOGEN : ADELMANN / BASTIAN / BRAUN / GÄNGLER / GERHARDT / GROSS / GRUBER /
KORNER / KNILL / KREBS / KREIDL / LAUB / MESCH / METZ / OBERLE / PAUTZ / SCHILLER / SCHISLER
/ SCHLAUCH / SCHMALZ / SCHWEITZER / SPANIER / STAMM / STEINKAMPF / WINTERHALTER /
WITTMANN / / SCHLEFF / ZAJATZ / ZENG / ZELLNER / / PLESS / MUCK / ROTH / SZELESNY / WAGNER /
WERTSCHECK / MIOKOWITSCH / PORFETYE / SIEBENHAAR U.A.
Schriftsatz II / OKTOBER 94 / Burger/Kleemann